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Ahnungslos?

Unglaublich aber wahr: Während die ganze Welt den Datenmissbrauch von Facebook & Co. diskutiert, schlägt der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Deutschland Gerd Landsberg den Kommunen vor, die «Daten der Bürger an private Unternehmen zu verkaufen». Ja, richtig – verkaufen. Um die finanzielle Not der klammen Städte und Gemeinden zu lindern, und im Gegenzug über den Bürgern eben dieser Kommunen wieder das Füllhorn öffentlichen Geldes in Form der erzielten Erlöse auszuschütten.

Jetzt gibt es nur zwei Interpretationsmöglichkeiten. Entweder ist dieser ältere Herr komplett ahnungslos, oder er ist ein lausiger Sachwalter der Interessen der Bürger, die er seiner Funktion nach eigentlich vertreten sollte. Nur noch mäßig erstaunlich mutet an, dass ein CDU-Mitglied einer marktfeindlichen Geldumverteilungsmaschine das Wort redet, beziehungsweise gerne eine weiteres Fass anzapfen würde, weil Kommunen und öffentliche Hand nicht in der Lage sind, mit Geld umzugehen.

Bleiben wir zuerst einmal bei der zweiten Lesart, nämlich dass Herr Landsberg mitnichten die Interessen des Bürgers vertritt. Schliesslich erheben Städte und Staat von Rechts wegen die Daten über die Bürger in ihrer hohheitlichen Funktion. Das tun und taten sie bislang – so muss man annehmen – um ihren hohheitlichen und verwaltungstechnischen Aufgaben nachkommen zu können. Annehmen auch, nein, voraussetzen musste der Bürger bislang, dass diese Daten beim Staat im besten Wortsinne gut aufgehoben sind. Deshalb gaben und geben die Bürger diese Daten widerspruchslos, oder liessen und lassen vielmehr deren Erhebung zu. Sollte dieses Vertrauen aus kommerziellen Interessen heraus mutwillig erschüttert werden, darf sich eben dieser Staat über «Wutbürger» nicht wundern.

Nehmen wir also zu Gunsten des promovierten Gerd Landsberg an, dass er ahnungslos ist. Das ist zwar nicht schön, aber verzeihlich. Denn wenn der vermeintliche Polit-Profi davon spricht, dass «Daten das Öl des 21. Jahrhunderts» seien, dann hat er zwar ein kleines bisschen etwas verstanden, aber eben nicht viel. Übrigens ebenso wenig wie unsere neue Saatsministerin für Digitales Dorothee Bär, die publikumswirksam forsch von Mark Zuckerberg forderte, «Facebook müsse sein Geschäftsmodell und den damit verbundenen Datenimssbrauch» ändern. Liebe Frau Bär, das IST DAS GESCHÄFTSMODELL!

Aber zurück zu Gerd Landsberg. Wenn er – und viele andere Politiker – denn Ahnung hätte, müsste er ein Ende der Asymetrie zwischen den Konzernen und den Konsumenten durchsetzen, die ihre Kunden als Produkte betrachten und nicht als Kunden ihrer Dientsleistungen. Denn der Rohstoff gehört niemandem, ausser jedem Einzelnen von uns. Wir sind die «Rohstoff-Lieferanten», und wir sollten künftig darüber bestimmen dürfen, wer unsere Daten, das Wissen über uns und unser Verhalten, wie und wo und für was nutzen darf. Als Marktpartner auf Augenhöhe übrigens würden Bürgerinnen und Bürger sicher gerne über den Preis verhandeln. Auch mit einem unersättlich gierigen Staat, der das in Form von Steuer treuhänderisch zur Verfügung gestellte Geld verschwendet.

 

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