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Sch… auf die Impfung!

Sagen im Moment rund 30 Prozent Impfverweigerer. Und fügen dem zeitgeistigen Wahnsinn , nämlich dass eine sich irgendwie in ihren Rechten und Gefühlen verletzte Minderheit die Mehrheit schikaniert, eine weitere zynische – oder irre – Pointe hinzu. Darf man das sagen? Finde ich schon. Denn Klartext reden, heisst nicht zu polarisieren, sondern Klarheit schaffen.

Zu den Fakten. Grob zusammengefasst, denn alles andere würde den Rahmen dieses Blogs sprengen.

7,5 Milliarden Impfdosen sind weltweit verabreicht worden, alleine in Deutschland sind es bis heute 123,1 Millionen Dosen. Niemand hat grüne Pusteln im Gesicht bekommen, keinem sind Hörner gewachsen. Ohne Frage kam es im üblichen statistischen Rahmen zu Impfkomplikationen, die ohne Frage auch zu Langzeitfolgen führen können. Schmerzende Oberarme sind übrigens keine Komplikationen, sondern die logische Folge, wenn mit einer Nadel in Haut und Muskel gestochen wird. Auszuschließen sind Langzeitfolgen der Art, dass in zehn Jahren grüne Pusteln auftreten oder Hörner wachsen. Weil Impfstoffe so nicht funktionieren. Weder die neuartigen mRNA-basierten noch die konventionellen. Gegenteilige Behauptungen stimmen auch dann nicht, wenn sie öfters und noch lautstärker wiederholt werden.

Bis jetzt wurden in Deutschland 5,2 Millionen Menschen mit Covid-19 infiziert, 98.739 Menschen sind daran gestorben, dabei überwiegend Betagte. Rund 85 Prozent waren älter als 70 Jahre und rund 65 Prozent älter als 80 Jahre. Pro Jahr sterben im Jahr in Deutschland rund 950.000 Menschen. Je nach Auswertung und Interpretation gehen Medizinstatistiker im Zusammenhang mit Covid von einer signifikanten Übersterblichkeit im Jahre 2020 und mutmaßlich 2021 aus. Boris Palmer hat dieses Faktum wenig empathisch und sinngemäß so ausgedrückt, dass Menschen gestorben sind, von denen keiner wissen kann, wann und ob sie ohnehin gestorben wären.

Die Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit des Virus ist unbestritten. So wie seine Herkunft – natürlichen oder manipulierten Ursprungs – unklar ist, sind aber auch Wirkungsmechanismen im menschlichen Körper in weiten Bereichen noch ungeklärt. Unbestritten ist jedoch, dass das Immunsystem vieler Menschen dem Angriff und der viralen Invasion dieses neuartigen Erregers – mit einer viralen Infektion findet auch eine Invasion körperfremder DNA statt, die wesentlich massiver, variabler und komplexer ist als bei einem gentechnischen «Schnipsel» eines mRNA-Impfstoffes – nicht oder nur schlecht gewachsen sind. Deshalb sind mit einer Covid-19-Infektion auch häufig Komplikationen verbunden, die bei einem signifikanten Anteil der Betroffenen zu Langzeitschäden führen.

Ein Gedanke an dieser Stelle: Wäre der Erreger das Ergebnis einer biologischen Kampfstoff-Entwicklung – von dem zur Zeit die Forschenden nicht ausgehen, wäre die Konfrontation mit dem Virus ebenso «künstlich» wie bei einer Impfung. Nur dass die Motivlage der Menschen, die an der Entwicklung gearbeitet haben, sich deutlich unterscheidet – und deshalb auch die Wirkung vom Virus und Impfstoff.

Die veröffentlichten Zahlen und Daten, aber auch medizinischen Einschätzungen decken sich mit persönlichem Erleben und Erfahrungen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis. Infizierte entwickeln gar keine, leichte, schwere oder sehr schwere Symptome, teilweise auch mit Langzeitfolgen, und es gibt Einzelfälle, wo geliebte Menschen fast oder tatsächlich gestorben sind.

Die Pandemie hat hierzulande und weltweit zu einer Überbelastung des Gesundheitssystems und vor allem der Kliniken und dort besonders der Intensivstationen geführt. Damit einher gingen z.B. weltweit 28 Millionen verschobene Eingriffe, in Deutschland waren es fast eine Million (Quelle Ärzteblatt). Die damit verbundenen Komplikationen für die betroffenen Patienten aber auch eventuelle Todesfälle sind schwer abzugrenzen und statistisch zu erfassen, dürften aber aufgrund der schieren Menge verschobener Operationen beträchtlich sein.

So genannte Kollateralschäden und gesellschaftliche schwerwiegende Folgen wie z.B. die Zunahme häuslicher Gewalt, Vereinsamung alter Menschen, die Zerstörung wirtschaftlicher und sozialer Existenzen, die Einschnitte für Kinder und Jugendliche, aber auch Dramen wie das einsame Sterben von Menschen in Kliniken und Heimen aufgrund von Zugangsbeschränkungen, sind zwar vielfach dokumentiert, aber zahlenmässig bis jetzt nur unscharf erfasst. Das gilt übrigens auch für psychosoziale und psychische Schäden bei Menschen aller Altersgruppen, Schichten und Zugehörigkeiten.

Damit kommen wir zur politischen Betrachtung des Ganzen. Eine durch demokratische Wahl bestellte Regierung hat Entscheidungen getragen, die von einer relativen Mehrheit getragen und gut befunden wurde. Ob alle Massnahmen sinnvoll, angemessen und zielführend waren und sind – darüber wird eine intensive Diskussion zu führen sein. Ohne Frage auch hier – die berechtigten Ängste der Menschen wurde instrumentalisiert, um bestimmte politische Entscheidungen durchzusetzen. Dass dabei – sichtbar für alle – für die Bürgergesellschaft katastrophale Konsequenzen folgten, führte und führt dazu, dass Corona-Politik, und Experten, die sich in der Vergangenheit für politische Argumente einspannen liessen, gegenwärtig ein Legitimationsproblem haben.

Verrückt allerdings: Politische – vor allem rechte – Strömungen, die gewöhnlich ein autoritäres Staatsverständnis pflegen, forcierten im Laufe der Pandemie ein antiautoritäres Gesellschaftsbild, das Eingriffe von Staat und Obrigkeit zu Teufelszeug erklärt. Aus dem leicht durchschaubaren Kalkül, die Unzufriedenheit der immer Unzufriedenen auf ihre Mühlen zu lenken. Wiederum bislang eher aufklärerisch, links und bürgerlich orientierte Strömungen sahen und sehen im paternalistischen – ja, und auch übergriffigen – Agieren des Staates den Königsweg und die mögliche Blaupause für wirkliche oder imaginierte künftige Notlagen. Maskenzwang in Fussgängerzonen, Lockdown, Versammlungs- und Ausgangsverbote, faktische Berufsverbote sind so zu umkämpften Symbolen einer zunehmenden vergifteten Diskussion geworden.

Dann gab es – Gottseidank – noch die Initiative und den Forscherdrang einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie den Mut unternehmerischer Menschen. Sie haben es geschafft, in einer vorher nicht für möglich gehaltenen Zeit, Impfstoffe zu entwickeln und zu produzieren, die eine vielversprechende Chance boten und bieten, die Pandemie, wenn schon nicht zu besiegen, dann zumindest zu beherrschen. Und dann machten und machen – das einzige Mal in dieser ganzen trüben Zeit – der Staat und seine Institutionen seinen Bürgerinnen und Bürgern ein Angebot: Jeder konnte sich – zuerst zwar schleppend, aber dann mit gutem Tempo – kostenlos! – impfen lassen.

Die antiautoritären Autoritären vom rechten und esoterischen Rand zeterten von der «körperlichen Unversehrtheit», während die Paternalisten der Mut verlassen hatte, die Impfpflicht durchzusetzen.

Und heute, pünktlich zum Ende des zweiten Pandemie-Jahres schließt sich der Kreis: Eine Minderheit, die für sich Toleranz und Rücksichtnahme reklamiert, bestimmt die düsteren Aussichten der Mehrheit: Lockdowns, Verbote, Schließungen, Zertsörungen von Existenzen, … weiteres, persönliches und wirtschaftliches Leid, … siehe oben.

Was damit gemeint ist? Ein praktisches Beispiel – Stichwort «körperliche Unversehrtheit»: Was soll dem geimpften, vielleicht noch ziemlich jungen Patienten mit Darmdurchbruch oder Herzinfarkt und seinen Angehörigen gesagt werden, der nicht in adäquater Zeit, nämlich sofort, und in diesem Fall auf absolut notwenigen kurzen Wegen einen Klinikplatz oder eine OP bekommt?

Die Idee von Demokratie ist in jedem Fall nicht, dass eine Minderheit mit ihren Vorstellungen von gut und richtig, den Lebensalltag einer Mehrheit bestimmt. Das wäre nämlich dann Diktatur. Umgekehrt darf der Wille der Mehrheit nicht die Vorstellungen und Überzeugungen einer Minderheit ignorieren. Das wäre auch Diktatur. Die Auflösung dieses Widerspruchs ist die Verantwortung jedes einzelnen. Das ist echtes und erstes Bürgerrecht. Ein Angebot zu unterbreiten und eine vielversprechende Möglichkeit anzubieten, die Zukunft zu gewinnen, ist die im besten Wortsinn «noble» Entsprechung eines Gemeinwesens und Staates.

Noch zum Schluss – die Wahl des Titelfotos sei so erklärt. Kot-Tüten auf dem Komposthaufen eines Friedhofs sind ein treffendes Bild der in der gegenwärtigen Situation anzutreffenden Haltung: Soll sich doch die Allgemeinheit um den Scheiß kümmern, wenn’s auch ohne Eigenverantwortung geht.

6 Kommentare

  1. Heike sagt

    Hallo Justus
    Super Gedanken – Gut

    Das mit den Tüten finde ich als Hundehalter unmöglich.

    Grüße aus Flüh

  2. Klaus Opitz sagt

    Schade Justus, ich habe Dich ausgewogener gesehen. Ich bin geimpft, aber ich habe viele Freunde, die nicht geimpft sind. Keiner von ihnen sagt sch auf die Impfung, sondern sie vertrauen auf das Grundrecht der Unversehrtheit ihres Körpers. Nein, niemandem wachsen Hörner, aber niemand weiß, was mRNA Impfstoffe langfristig mit uns machen und ich finde, dass Bedenken genauso respektiert werden sollten wie wenn jemand in der Nachbarschaft von Fessenheim Unwohlsein verspürt. Du schreibst zynisch und das finde ich schade, denn dem Zynismus liegt eine Verachtung nahe. Wir bräuchten in dieser schwierigen Zeit Wissenschaft, die Erkenntnisse aus vielen verfügbaren Quellen gewinnt. Ich sehe stattdessen eine neue Jakobinerschaft, die bestimmt was moralisch ist. Ich finde es billig den Menschen gegenüber, die diesem neuen Medikament skeptisch gegenüber stehen, die Verantwortung zu zu schieben, dass eben dieses Medikament nicht so funktioniert wie man es sich erhofft hat.

    • Robert Zapp sagt

      90% Ungeimpfte auf der Intensivstation zeigen die „normative Kraft des faktischen“ auf. Da muss man nicht Mathematik studiert haben.
      Ich finde die Aussagen ausgewogen und erwarte von den Verweigerern nunmehr Solidarität und Verantwortung gegenüber dem Gemeinwesen. Oder bedarf es wirklich des Impfzwangs?

  3. Julius Ammann sagt

    Lieber Justus,

    ich hätte es nicht besser sagen können: gut formuliert!!

    Grüße aus Stinteck (aber nur heute)

  4. Robert Stolz sagt

    Lieber Justus,
    die Aufgabe von Journalisten ist es, sachlich, informativ und ja, bei gewissen Themen auch ein wenig „spitz“ zu schreiben. Das fördert den Denkprozess. Und das soll es ja auch, denn wir sind hier nicht in der unterhaltenden Belletristik unterwegs. Mit Zynismus hat das nichts zu tun.
    Justus, Du kennst mich, ich bin ein sehr positiv eingestellter Mensch. Ich glaube immer zuerst an das Gute und halte daran fest, bis ich ggf. eines anderen belehrt werde. Aber diese Pandemie nagt immer wieder an meiner positiven Grundeinstellung. Ob sich diese „abgenagten“ Stücke regenerieren lassen. Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ich kann es nur hoffen.
    Die Gesellschaft ist in eine ganz schwere Phase eingetreten und zwar aus absolut voller Fahrt.
    Diese Vollbremsung hat vieles durcheinander gebracht. Es gab Blechschäden und ganz ganz viele tragische Opfer.
    Die Politik hat bestimmt nicht alles richtig gemacht, keine Frage. Aber kann sie das überhaupt? Bei dieser pluralen Gesellschaft. Einer Gesellschaft, die während einer Fussball WM fast 80 Millionen Bundestrainer hat. Sie kann es nicht, zumindest nicht voll umfänglich.
    Bitte nicht falsch verstehen, dass wir in einer pluralen Gesellschaft leben ist absolut gut und von unschätzbarem Wert, aber jetzt ist die Verantwortung eines jeden einzelnen gefragt.
    Wir müssen diese Pandemie aufhalten, aber das geht nur im Kollektiv, mit Zuversicht, Vertrauen und Verstand. Und vielleicht sollte der eine oder andere (oder diverse) auch mal über seinen Schatten springen. Zum Wohle der Allgemeinheit. Das würde ich mir wünschen.
    Und was lernen wir aus dem Ganzen?
    Wir steuern nämlich mit sehr hoher Geschwindigkeit auf die nächste schwierige Aufgabe zu. Und die heißt Klimakrise. Die aktuell hitzig geführte Diskussion werden wir uns dann sicherlich sparen können, denn diese Krise werden wir nicht durch eine Impfung lösen oder lindern können.
    In diesem Sinne, herzliche Grüße vom Bodensee

  5. Claudia Leppert sagt

    Vielen Dank Justus für deinen ausführlichen und keineswegs zynischen Diskussionsanstoß.
    STIMMT
    Alle haben ein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Die an Corona leidenden oder bereits Verstorbenen hatten es auch.
    Sowie diejenigen, die sich noch nicht impfen lassen konnten.
    Wer die Impfung ablehnt, sollte Verantwortung für diese Entscheidung übernehmen und sich aus dem öffentlichen Raum zurück ziehen.
    Wann immer möglich sollten wir Menschen helfen einen Impftermin zu bekommen.
    Beste Grüße Claudia

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