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Kreativität – der Mut das vermeintlich Unmögliche neu zu denken

Kreativität – ein oft überstrapazierter Begriff. Weil ihn viele verwenden, angeblich alle das Gleiche meinen, und trotzdem jeder etwas anderes darunter versteht. Stimmt das so? Und stimmt es, wenn behauptet wird, dass jeder kreativ sei? Viele Unternehmen haben sich «Kreativität» auf die Fahnen geschrieben. Nicht erst in schwierigen Zeiten – obwohl jetzt völlig neue Herausforderungen kreative Lösungen benötigen. Sie ist nicht ganz einfach, die Frage danach, was genau «Kreativität» bedeutet. Wir versuchen eine Annäherung. 

Bingo! Das war’s! Jetzt hatte er die Präsentation seiner genialen Idee zusammen: Das viel versprechende, grundsätzlich andere und revolutionär neue Prinzip für die Füllstands-Messung. Simon war komplett aus dem Häuschen. Und konnte sein Glück kaum fassen. Nun, er war zwar kein Entwickler. Aber das würde sich schon finden. Morgen sollte er dem Vorstand die Zeichnungen und Berechnungen vorstellen, die er in den letzten Wochen ausgearbeitet hatte. Er war felsenfest überzeugt, seine Technologie würde seinen Arbeitgeber auf dem Weltmarkt in neue Umsatz-Dimensionen katapultieren. Tja, und dann war auch aus mit Lustig bei den Kollegen. Er spürte ganz genau, dass sie tuschelten, wenn er in den Pausen über den Zeichnungen brütete. Manchmal konnte er ja selbst nicht glauben, wie ihm die Idee gekommen war. Es war an einem Abend im vergangenen Sommer. Simon lag mit seinem iPod auf der Terrasse, hörte über die Kopfhörer Radio, genoss den Sternenhimmel der ebenso klaren wie lauen Nacht – und plötzlich begann es in den Hörern zu knacken und rauschen. Zuerst laut, dann wieder leise, bis die Musik des Senders in einem in regelmäßigen Rhythmus an- und abschwellenden, rauschendem Strom unterging. Nicht unangenehm, sondern herrlich einschläfernd und entspannend. Auf einmal war der Gedankenblitz da, in dem wunderbaren, dämmrigen Zustand zwischen vergehendem Wachsein und Schlaf: Füllstands-Messung mit akustischen Sensoren. Warum war da vorher niemand darauf gekommen? Simon war sich sicher – die Fachwelt würde begeistert sein. Das Prinzip würde den Markt aufrollen, er würde ausgezeichnet werden, würde an internationalen Symposien in New York und Singapur Vorträge halten, … Ein nervöses Piepen, die Sonne zeichnete durch die Fensterläden orange Streifen an die Wand, Simon wälzte sich zur Seite und brachte mit einem gezielten Schlag den lästigen Wecker zum Schweigen. Ach, es war schon morgen. Gerade hatte er noch geträumt, einen wunderbaren Traum …

Sie werden zugeben: Der Einstieg war – na ja, der Schreiber möchte sich ja nicht selbst loben – vielleicht nicht spannend, aber in jedem Fall kreativ. Oder sehen Sie das als eher nüchtern veranlagter Leser anders und sind einfach der Meinung «Thema verfehlt»? Durchaus möglich. Und schon sind wir mitten drin im Thema: «Was ist Kreativität, was ist kreativ?» «Kreativität bezeichnet die Fähigkeit, neue Problemstellungen durch die Anwendung erworbener Fähigkeiten zu lösen», schreibt Wikipedia. Damit bleibt die Internet-Enzyklopädie aber wohl weit hinter dem zurück, was Kreativität in der ganzen Weite des Begriffs bedeuten kann. Denn oft – siehe unsere Geschichte zum Eingang und viele Erfindungen, welche die Welt veränderten (z.B. die Entwicklung des Verbrennungsmotors) – sorgten und sorgen kreative Ideen von Menschen dafür, dass sie Lösungen finden und schaffen, die nicht in erster Linie auf ihren «erworbenen Fähigkeiten» beruhen. Sondern auf dem Mut, das vermeintlich Unmögliche zu denken und ganz neue Wege zu gehen.

Kreativität hat also ganz viel mit dem einzelnen Menschen, seiner Einzigartigkeit und seinen ganz persönlichen Eigenschaften zu tun. Eigenschaften eben, die nicht messbar sind wie bestimmtes Können, bestätigte Zeugnisse, erworbene Gesellenbriefe und Diplome oder besondere Auszeichnungen. In früheren Zeiten sprach man auch vom «Genius», vom «Schöpfergeist», der «vom Göttlichen» inspiriert sei. Das klingt fremd in einer modernen, technisierten auf berechenbare Effizienz angelegten Welt. Einer Welt, die dem Unsichtbaren skeptisch begegnet, und sich auf das Sicht- und Nachweisbare verlässt. Ist Kreativität also eine «Glaubensfrage»? Keine Frage ist, dass «Kreativität» ganz viel damit zu tun hat, wie eine Sache wahrgenommen wird: Während der eine nämlich ein Musikstück oder ein Bild als einzigartig schön empfindet, ist die Malerei für den nächsten müßige Kleckserei oder die Musik bestenfalls Geräusch. Oder die technisch überragende Lösung für einen Geräte-Flansch ist für den einen Chef der geniale Einfall des Konstrukteurs, während der andere Vorgesetzte darin nur die billige Pflichterfüllung eines Mitarbeiters sieht. Offensichtlich ist der Begriff auch für Experten ganz schwer fassbar. Es gibt zwar unzählige so genannte «Kreativitäts-Techniken» (das viel geübte «Brainstorming» gilt auch als solche), aber vergleichsweise wenige wirklich konkrete Beschreibungen, was diese Kreativität denn nun wirklich ist. Die schulmäßige Anwendung dieser Techniken mag zwar praktische Hilfestellung sein, sie bietet aber keine hinreichende Voraussetzung für Kreativität. Doch gerade um diese Voraussetzungen geht es in Zeiten grundsätzlicher wirtschaftlicher, technischer und gesellschaftlicher Umwälzungen. Weil Unternehmen herausgefordert sind, unbekannte Problemstellungen mit neuen, unkonventionellen Lösungen zu bewältigen.

So ist also gar nicht die zentrale Frage, was genau Kreativität ist, sondern vielmehr, was Kreativität weckt und fördert. Zentral für die Schaffung eines «kreativen Umfeldes» scheinen zwei grundsätzliche Bedingungen: Freiraum im Sinne geistiger Unvoreingenommenheit, also Freiheit im Denken – und Zeit. In diesem Sinne berichten viele, die in klassischen «kreativen Berufen» wie Grafiker, Musiker oder Designer arbeiten, davon, dass der beste Ausgangspunkt für ihr aktives Schaffen die Ruhephasen seien. Das kann manchmal sogar die «Zwischenwelt» des Übergangs vom Wachen zum Schlafen bedeuten. Sie sprechen auch vom «Flow», der den «kreativen Schaffensprozess» gleichsam zum Selbstläufer macht. Ohne Druck den Gedanken Freiheit gewähren, bedeutet allerdings nicht «Faulenzen» oder Nichtstun. Vielmehr ist der «Kreativität» ein klares Ziel gesetzt. Die Aufgabe, das Problem, ist eindeutig benannt, und jetzt kreisen die Gedanken die Kernfrage aus unterschiedlichsten Richtungen ein. Im so genannten «kreativen Prozess» wird diese Phase als «Inkubationszeit» oder «Reifezeit» bezeichnet. Auf diese Phase folgt die Einsicht oder das «Aha-Erlebnis». Das wird dann in einem Bewertungsprozess kritisch überprüft und mündet schließlich im – hoffentlich kreativen – Ergebnis.

Führungskräfte machen in der Regel eine neue Erfahrung, wenn sie sich auf das Thema einlassen: Menschen, die auf Effizienz programmiert sind, müssen in der Regel genau das lernen, nämlich den kreativen Prozess «auszuhalten». Den scheinbar trägen Fortgang der Dinge anzunehmen, die Ideen und Vorschläge gedeihen, die Gedanken quasi «fliegen» zu lassen. Hier entsprechenden Freiraum einzuräumen, ist besonders für die Arbeit im Team entscheidend. Denn im Team treffen unterschiedliche Charaktere aufeinander und verleihen gerade mit dieser Vielfalt der Kreativität zusätzlichen Schub. Da kann es dann sein, dass viele Ideen am Schluss nicht brauchbar sind, aber wenn das Team, beziehungsweise der Moderator den Gedanken jedes Einzelnen (Frei-)Raum gibt, findet sich dann unter diesen Ideen doch der entscheidende Ansatz für die Lösung des Problems. Dabei muss es gar nicht immer um den großen Wurf eines neuen Produkts gehen. Auch die Kleinigkeiten des ganz gewöhnlichen Arbeitsalltags profitieren von der Kreativität aller. Neben Freiheit und Zeit benötigt die Entfaltung der Kreativität vor allem Vertrauen in die individuellen Möglichkeiten jedes Mitarbeitenden. Die «Kultur des Vertrauens» ermöglicht nach Auffassung erfolgreicher Unternehmer den entscheidenden Vorsprung. Oder eben das kleine Bisschen mehr, das den Unterschied macht. Pflegen Sie also diese Kultur in Ihrem Einflussbereich und geben Sie sich Zeit und Raum, das Andere zu wagen. Damit das kreative Potential jedes Einzelnen zum Gelingen des Ganzen beiträgt, auf allen Ebenen, in jedem Tätigkeitsbereich. Wir unterstützen und begleiten Sie dabei. Weil nichts unmöglich ist – auf den neuen Wegen in die Zukunft.

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