Das Virus offenbart mit brutaler Härte die Begrenztheit des Lebens. Im eigentlichen wie im übertragenen Sinne. Auch wenn Politik und Wissenschaft den Eindruck vermitteln, die Kontrolle zu haben oder zurück zu erhalten, werden wir gegenwärtig mit den unerbittlichen Realitäten der Natur konfrontiert, die sich um ethische Kategorien weder schert, noch sich von ihnen aufhalten lässt. Eigentlich keine neue Erkenntnis, aber eine weitgehend verdrängte.
So ist es vor allem die Angst vor dieser – gesellschaftlich und persönlich – bisher verdrängten Begrenztheit, die das aktuelle Geschehen rund um die Bekämpfung des Virus bestimmt. Oder anders ausgedrückt, die Unausweichlichkeit des Todes und die Angst davor, diktieren gegenwärtig das Leben. Weil das Virus eben mit schmerzlicher Schärfe das Wissen ins Bewusstsein rückt: Ich, Du könnte der nächste sein. Nicht als abstrakte – und im Zweifel vermeintlich beherrschbare – Bedrohung wie z.B. Herzinfarkt oder Tumorerkrankung, sondern als direkte, in Kürze eintretende Möglichkeit.
Das Absurde daran: Die eigentliche Gefährlichkeit des Virus ist in der öffentlichen und veröffentlichten Wahrnehmung viel, viel größer, als es der Wirklichkeit entspricht. Das individuelle Todesrisiko der oben genannten Erkrankungen ist ungleich größer. So liegt die Gefahr des Virus also nicht in seiner individuellen Krankheits-Bedeutung, sondern in seiner Breitenwirkung für die Gemeinschaft – und für das Gesundheits- und Wirtschafts-System. Und dort zeichnet sich die brutale Realität ab, dass die exponentielle Verbreitung des Virus und seine kurzfristige Tödlichkeit über kurz oder lang die Geschwächten und Alten in größerem Maße, aber auch bisher Gesunde zufällig treffen wird. Dagegen wehren sich der Verstand, das (Mit-)Gefühl, die Übereinkunft der ethischen Kategorien wie Menschenwürde, Recht auf Unversehrtheit, die Verpflichtung gegenüber den Schwachen und Schwächsten, und die Sozialisation des modernen Menschen, dass alles – auch die Natur – letztendlich beherrschbar seien. Eine Sozialisation, die zur viel geübten Selbstverständlichkeit der Verdrängung geworden ist. Und genau an diesem Punkt zeigt das Virus die Begrenztheit des Lebens und seiner Möglichkeiten im übertragenen Wortsinn. Der Mensch, die Menschheit – je nach Weltsicht – sind dem Zufall, dem Schicksal oder der Gnade unterworfen.
So steht also die Angst vor dem Virus für die grundsätzliche – aber individuell und gesellschaftlich verdrängte – Angst vor dem, wie wir alle wissen, unabänderlichen Tod. «Probleme kann man niemals auf der Ebene lösen, auf der sie entstanden sind.» Die Logik des Physikers Albert Einstein trifft wahrscheinlich nur auf wenige Problemstellungen für den Menschen so fundamental grundsätzlich zu, wie auf das «mentale Problem» der Angst vor dem Tod. Die «Ebene» der «Problemstellung Tod», nein, noch präziser der «Problemstellung Angst vor dem Tod» ist das irdische Leben. Gegenwärtig zeigt das Virus in schmerzliche Schärfe: «Problem nicht lösbar».
Welches ist nun die Ebene, welche die Lösung des Problems ermöglichen könnte? Und was folgt daraus? Die Ebene der Transzendenz?
Wer die Transzendenz bestreitet, kann den weiteren Gedankengang abbrechen, aber auch wohlgemut seine Angst begraben. Wenn er es denn kann. Denn er ist als Teil der irdischen Materie dem Zufall, beziehungsweise der statistischen Wahrscheinlichkeit eines unerbittlich funktionierenden Ökosystems unterworfen, das langfristig das Überleben der Population mittels Selektion sicherstellt.
Betrachten wir demgegenüber die Transzendenz als eine Wirklichkeitsebene, dann wird jeder für sich dort individuell Antworten finden müssen. Auf seine Angst und seine Existenz. Angesichts des Virus funktioniert die Verdrängung nicht mehr. Vielmehr drängen die Antworten.
Eine vielversprechende ist der christliche Schöpfer-Gott der Bibel: Er verspricht das bedingungslose, in Jesus offenbarte ewige Leben. Bedingungslos? Ja, denn Liebe ist ja immer bedingungslos, und Liebe war und ist Jesu Botschaft. Liebe befreit, und die von Zeit und Raum losgelöste, ewige Perspektive der Liebe ist wirkliches Leben, das nicht von der Angst vor dem Tod diktiert, sondern von der Hoffnung inspiriert ist.
Was das für den Einzelnen konkret bedeutet? Darauf können nur religiöse Scharlatane eine allgemein gültige Antwort geben. Alle anderen werden für sich ganz persönlich herausfinden müssen, welche Konsequenzen im Denken, Fühlen – und vor allem Handeln – die Ewigkeitsperspektive hat. Aber weiss nicht jeder Mensch für sich ganz «tief drinnen» ziemlich gut, wann, wie und wo er den «Himmel berührt», wann, wie und wo er «wirklich lebt»? Sich für oder gegen die Liebe Gottes – und gelebtes Leben – entscheiden zu können, ist das Wesen der Freiheit. Und der Liebe. Übrigens jeden Tag neu.
Nicht zuletzt werden dann das individuelle Handeln und Wirken Antworten sein. Für jeden selbst, und für die anderen. Das Beste zu geben, wird in jedem Fall die Welt ein bißchen besser und vom Himmel ein Stückchen sichtbar machen.
Das Beste, was ein Schreibender geben kann, sind Worte, die zu Geschichten werden: Deshalb sind diese Gedanken Start- und Ausgangspunkt meines Text- und Erzählzyklus‘ «Den Himmel berühren.»