Politiker versprechen in der Regel das Blaue vom Himmel. Da passt es wunderbar, dass Blau die Farbe der Elektromobile ist: Während grün Bewegte schon den Verbrennungsmotor verbieten möchten, proklamieren andere zukunftsbesoffen das Zeitalter der Elektromobilität schon in spätestens fünfzehn Jahren. Für jene, die ökologische Vorbildung haben, mutet das Ganze allerdings manchmal an wie der Zug der Lemminge – er endet in der Regel am Abgrund und mit dem Sturz ins Meer.
«Der Glauben an das Batterieauto ist zur Weltreligion der mobilen Gesellschaft geworden.» Sagt nicht Donald Trump, sondern schrieb kürzlich Der Spiegel in einer seiner Ausgaben. Und trifft den Nagel auf den Kopf. Schliesslich sind religiöse Verheißungen bekannt dafür, dass sie die unangenehmen Seiten der irdischen Wirklichkeit ausblenden. Fakt ist in jedem Fall, dass das Elektromobil mit der Batterietechnik von heute alles andere als umweltfreundlich, geschweige denn zukunftsfähig ist. Denn die Herstellung von Batterien und Akkus ist extrem energieaufwendig. Eine Untersuchung des schwedischen Umweltinstituts IVL kommt zum Ergebnis, dass für jede Kilowattstunde Speicherkapazität eine Klimabelastung entsteht, die dem Ausstoß von 150 bis 200 Kilogramm Kohlendioxid entspricht. Das bedeutet im Klartext: Ein Akku des Topmodells von Tesla belastet schon vor seiner ersten Fahrt das Weltklima so stark wie ein Fiat Panda, der über 200.000 Kilometer mit fossilem Erdgas unterwegs ist. Der Aufwand für die Entsorgung des Akkus ist dabei noch gar nicht mit eingerechnet.
Doch auch die gesellschaftspolitische Kehrseite der Medaille bleibt unbeachtet: Denn die Rohstoffe für die Batterien werden samt und sonders in Entwicklung- und Schwellenländern gewonnen. Damit hier grüne Blütenträume der Elektromobilität in Erfüllung gehen können, müssen Kinder im Kongo Kobalt aus der Erde kratzen. Oder unterbezahlte Tagelöhner dampfen mit wertvollem Grundwasser Lithium aus südamerikanischen Abbaustätten. Aber das interessiert in der ersten Welt niemanden. Weil es politisch nicht opportun ist, und Lobbyisten in Berlin und anderswo ganze Arbeit leisten. Nicht zuletzt China ist einer der Treiber der «elektromobilen Weltreligion». China beherrscht die Märkte der seltenen Erden wie Kobalt, Lithium, Graphit, Nickel oder Mangan, und das Reich der Mitte hat sich schon früh den Zugang zu den afrikanischen Quellen gesichert.
Wer Ingenieure aus dem Bereich Automotive «off the Records» nach dem Potential des elektrischen Antriebs fragt, erntet entweder beredtes Schweigen oder klare – allerdings nicht namentlich zitierfähige – Ansagen: «Technisch bestenfalls eine Übergangslösung so lange es keinen Durchbruch bei der Batterietechnik gibt.»
Doch all das kommt nicht zur Sprache beim Tanz um das «goldene Elektroauto». Die religiös verklärte Zukunftssicht versperrt den Blick auf alternative Antriebe und verhindert die Entwicklung anderer möglicherweise zukunftsfähiger Antriebskonzepte. Ob das die Herstellung hochwertiger Kohlenwasserstoffe mittels Eschericheria Coli ist oder die Produktion von biologischem «Erdgas», nämlich Methan aus Agrarabfall wie z.B. Stroh, oder die Modifikation von herkömmlichen Verbrennungsmotoren auf den jetzt schon verfügbaren Rohstoff Wasserstoff wie es im Bereich der Nutzfahrzeuge schon nachgewiesenermassen funktioniert – die Hohepriester der Elektromobilität beten unermüdlich die Leier von den Segnungen des elektrischen Antriebs. Verbunden mit der offensichtlichen Lust am eigenen Untergang. Denn erstens kann niemand in Europa die Abhängigkeit von korrupten Potentaten Afrikas wünschen, und zweitens leuchtet nicht ein, warum Motorenentwickler mit jahrzehntelanger Erfahrung «alternativlos» ihre Ingenieurskunst quasi freiwillig zur Disposition stellen sollen. Und damit wären wir wieder bei den Lemmingen, die sich gemeinsam in den Abgrund stürzen.
Sauber, Justus!