Irgendwie waren die Zeiten schon lustiger damals, als solche Graffiti vom Bully höhnten, und die Winfrieds und Renates noch «lieber krank feierten», als «gesund zu arbeiten», und vor allem ihre Sprüche noch selbst glaubten. Nostalgie. Vorbei.
Verbürgerlicht in der Macht, grau geworden im wärmenden Kokon von Besoldungs- und Entgelttabellen, werden Ausgangssperren gewunden und staatstragend mit öffentlichem Interesse und Berufsverbote für Künstler mit Solidarität begründet. Oder die wirtschaftliche Zerstörung von Existenzen und Zunahme häuslicher Gewalt als Kollateralschaden kleingeredet. Während Opas in Pullunder sowie englischem Tweed und blonde Kraft-durch-Freude-Fräuleins die Wut auf ihre Mühlen umleiten und täglich neue braune Sch… anrühren …
Ähm. Schnitt. Stopp. Stopp. Hab‘ mich vergaloppiert und in Rage geschrieben.
Apropos Nostalgie: «Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden» ist noch so ein Spruch, der im Gleichklang von staatlicher Verlautbarung und medial weich gespültem Echo und im Dämmerzustand einer offensichtlich von Dauerangst narkotisierten Mehrheit verhallt. Konnte man gerade gestern wieder an einem medialen Grossexperiment studieren: Weil Schauspieler sich erdreisteten, unter dem Hashtag «allesdichtmachen» die Sinnhaftigkeit der aktuellen Massnahmen und das damit verbundene Meinungs-und Gesinnungsklima satirisch aufs Korn zu nehmen, benötigte der elektronische Pranger, sekundiert von den Leitmedien, gerade mal 24 Stunden, um diese Kampagne für gescheitert zu erklären. Inklusive des Kotaus vor der veröffentlichten Meinung von so grossartigen Schauspielrinnen wie Meret Becker oder Ulrike Folkerts. Schade eigentlich. Womit wir wieder beim Sarkasmus der Spontis angekommen wären: Wir fressen die Scheisse. Schliesslich können Millionen Fliegen nicht irren.
Huch! Radikalisiere ich mich gerade? Nein. Aber ich kann’s Denken einfach nicht sein lassen.