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Sauteuer. Gehört eigentlich verboten. Aber glücklich sein, ist alles.

«Mann, Mann, Mann. So sauteuer. Neunundfünfzig Euro kostet eine Tageskarte inzwischen!» Der Beginn eines Gesprächs auf dem Parkplatz der Feldbergbahnen. Am höchsten Gipfel des Schwarzwaldes. Dort, wo diesen Winter der Schnee knapp und die Stimmung bescheiden sind, und dort wo die sich abzeichnenden Klima-Veränderungen zuweilen die Emotionen hochkochen lassen. Der Verweis auf das diese Saison neu aus der Taufe gehobene «dynamische Preis-Modell» ändern an der Einschätzung des Parkplatz-Nachbars nichts. Ein Wort gibt das andere und schon sind wir in eine angeregte Diskussion verwickelt – um Umwelt, Klima und das Grundsätzliche.

«Die Beschneiung, also die gehört ja hier am Berg auf jeden Fall verboten. Das steht für mich außer Frage.» Einen klaren Standpunkt vertritt das Gegenüber ohne Wenn und Aber. Die leise vorgebrachte Gegenfrage, ob er denn auch für Reiseverbote, na, sagen wir mal auf Mallorca, Elba, nach Südtirol oder an den Nordseestrand sei, empfindet die Zufallsbekanntschaft als unangemessen. Denn Äpfel und Birnen möchte er schließlich an dieser Stelle nicht verglichen haben, aber schließlich müsse sich ja was ändern, wenn es anders und mit dem Klima besser werden solle. Dem stimme ich im Grunde zu – wenngleich ich anmerke, dass ja der Betrieb einer Bergbahn oder eines Skiliftes und die Beschneiung unter dem Aspekt des Energie- und Ressourcenverbrauchs nicht an erster Stelle stünden, wenn es um «mehr oder weniger sinnvolle Tätigkeiten und Vergnügungen» der Menschen gehe. Und räume übrigens ein, als begeisterter Skifahrer in diesem Punkt nicht unvoreingenommen oder gar objektiv zu sein. Das Stichwort zündet – bei der Sinnhaftigkeit menschlichen Tuns werden wir philosophisch. Oder auch nicht. «Hm. Aber wirklich brauchen tut das ja kein Mensch. Skifahren, oder? Klar, ich fahre ja jetzt auch Ski und habe Spaß. Aber wenn kein Schnee liegt, fahre ich eben nicht.» Das Argument, dass «Freude» ja noch lange nicht das schlechteste Motiv und ganz sicher nicht «sinnlos» sei, lässt der spontane Diskussionspartner nicht wirklich gelten. Auch nicht den Hinweis, dass ohne Kunstschnee heuer im Schwarzwald kein Skiport möglich wäre. Auch heute – zum Beispiel – nicht. «Der Wasser- und Stromverbrauch sind enorm. Und ich finde, das muß nicht sein. Die Lifte sollten nur laufen, wenn genügend Schnee liegt.» Und dann bringt er auf den Punkt, warum derzeit Bergbahnen, Winter-Tourismus-Verfechter, Schneesportler und Hotels in den Bergen bei den aktuellen Diskussionen in der Defensive sind: «Das passt doch einfach nicht in die Landschaft: Der Erdball erhitzt sich, die Meeresspiegel steigen, Inseln werden versinken, im Sommer trocknen die Wälder aus – und hier pumpen die Bergbahnen mit viel Energie Wasser in die Schneelanzen, damit der ganze Zirkus weitergehen kann.» Der entgegnete Verweis auf Arbeitsplätze und Lebensgrundlagen der Menschen in den Höhen des Schwarzwaldes werden knapp beiseite gewischt: «Im Ruhrgebiet haben sich die Menschen auch umstellen müssen.» Ich unternehme nochmal den Versuch zum Grundsätzlichen: Ob das, was wir gerade diskutierten, nicht möglicherweise stellvertretend für unser Lebens- und Wirtschaftsmodel stehe, das auf Ressourcenverbrauch gründe, aber wiederum relativ breiten Wohlstand und nicht zuletzt hohen Gesundheitsstandard ermögliche. Und dass dies vor allem auf der grundsätzlichen Verhaltensweise des – freien – Menschen beruhe, dass er einfach das tue, was er könne. Und ob nicht vielleicht der Preis und die Kosten ein ganz gutes Regulativ für Wertschätzung – übrigens auch der Natur – seien? Unmutiges Grummeln bringt unsere Standpunkte ein kleines Bisschen näher: «Aber irgendetwas muß sich doch ändern.» Stimmt.

Die Pointe der Geschichte? Die verbindliche Frage am Ende dieses doch erstaunlich tiefsinnigen Parkplatzgesprächs, wo der gesprächsfreudige Diskussionspartner denn herkomme, um in meiner Heimat, im schönen Schwarzwald, Ski zu fahren, hat die fröhliche Antwort: «Südlich von Heidelberg. Ist wunderschön da. Um für einen Tag Ski zu fahren, liegt das Feldberggebiet für mich ziemlich gut.» Google Maps weist für die Strecke Heidelberg-Feldberg je nach Route 230 bis 282 Kilometer und zirka drei Stunden Fahrzeit aus. Bedeutet rund 500 Kilometer in Summe und sechs Stunden Fahrt. Freude und Glück sind ein unglaublich starkes Motiv für das menschliche Handeln. Wie gesagt – das ist ja noch lange nicht das Schlechteste.

3 Kommentare

  1. Um Freude zu haben und Glück zu empfinden, tun wir Menschen auch immer wieder Dinge, die nicht in das neue Umweltschema passen, fragt dabei selten nach dem Verbrauch von Energieverbrauch und schon gar nicht nach Kosten. Freude zu haben und Glück zu empfinden, hat seinen Preis.
    Wer legt da die richtigen Maßstäbe an. Wer sagt was noch vernünftig und vertretbar ist?
    Der Mensch macht mindestens das, was nicht verboten ist. Manchmal geht er aber auch darüber hinaus, wenn er glaubt sein Spass und Glücksempfinden sei genügend Rechtfertigung für die kleine Übertretung.

  2. Albin Kirchhofer sagt

    Über das was man selber tut, sich darüber freut und die Lebensqualität dadurch geniesst, sollte man besser nicht schimpfen ;-))
    Man ist unweigerlich ein Teil davon. Mensch sein ist in jedem fall etwas Lebenswertes.

  3. Birgit sagt

    Regt uns dieses zufällige wunderbar niedergeschriebene Parkplatzgespräch nun zum NACHdenken oder zum UMdenken an?

    Ich bin einfach dankbar, dass ich mich am Wochenende in der Natur erholen kann.
    Die Natur braucht uns nicht. Wir brauchen die Natur.
    Und ich freue mich daran, im Schwarzwald leben zu können.

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