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«Scheisst auf die Spritpreise …»

Jetzt wohnt unsereins ja im wirtschaftlich privilegierten Südwesten dieses ängstlichen Landes und hat so möglicherweise eine verzerrte Wahrnehmung der auf allen Medienkanälen vermittelten, gegenwärtig traurigen Wirklichkeit. Aber so richtig Schmerzen hat offensichtlich niemand angesichts durch die Decke gehender – also nehmen wir die mal als Beispiel – Spritpreise.

So wohnt unsereins nämlich auch in einer mittleren Kleinstadt in unmittelbarer Nähe der Bahnhofstrasse. Also lagemässig eher weniger privilegiert. Die Strasse ist stark befahren. Werktags wie sonntags. Hier tummeln sich vor allem am Wochenende schwere Motorräder mit meistens illegalen Auspuffklappen, ebenso wie halbstarke Mercedes-AMG-Piloten mit und ohne Migrationshintergrund. Was die da machen? Im Kreis des Innenstadtrings spazieren fahren und Sprit verfeuern. Ungerührt von allenthalben beklagten und von der Politik entlasteten Monsterkosten. Frei nach der Devise: «Scheisst auf die Spritpreise!»
Das gleiche Bild bietet sich auf der Mountainbike-Tour in den schönen Südschwarzwald. Als wir über die Anhöhe des Blösslings ins Bernauer Hochtal einfahren – in höchsten Drehzahlen heulende Hobbyrennmaschinen der offensichtlich ohne Geldsorgen Sprit verheizenden Jungspunde und ebenso viel alternde Mittfünfziger, die auf Hubraum- und PS-mässig überdimensionierten, bollernden Harleys ihren zweiten Frühling feiern. Ein paar Kilometer weiter, dort wo Steina-, Schlücht- und Schwarzatal ebenso tief eingeschnittene wie eindrückliche Felsformationen geschaffen haben – ein Benzin- und Lärminferno wie am Nürburgring.

Also, damit kein falscher Eindruck entsteht – ich möchte niemandem, aber wirklich gar niemandem, sein Hobby und die Freude am Leben absprechen. Aber dann hören wir doch endlich auf zu jammern und zu maulen.

Kleiner Nachtrag: Am Montag weckt dann der Zeitungsausträger. Er ist inzwischen mit dem knatternden Motorroller unterwegs. Spritpreise gehen offensichtlich auch ihm trotz prekärem Lohn am A… vorbei.

7 Kommentare

  1. Annette sagt

    Justus, wir werden die Menschen nicht ändern können. Solange es uncool ist, mit dem Velo Kilometer zu addieren und Kalorien abzubauen, werden PS- starke Fahrzeuge „einfach so“ rumfahren. Schön, dass es auch andere Menschen gibt. Übrigens: der Zeitungszusteller kann aus gesundheitlichen Gründen nicht die gesamte Zustellstrecke mit dem Bike zurück legen. Leider ist der Verlag nicht in der Lage, ihm einen ordentlichen Roller zur Verfügung zu stellen. So knattert er morgens um vier Uhr auch bei uns ans Haus. Vielleicht mal in „E“ investieren- schlagen wir dem Verlag vor.

  2. Andrea sagt

    Hallo Justus, ich denke dass Thema stellt sich etwas breiter und komplexer dar, als dass es nur im Rahmen privater Neigungen und Hobbys aufgezeigt und polarisiert wird. Was es zu verstehen gilt, ist die Preispolitik des europäischen Strommarktes und Ihre politische Lenkung und hier sollten sich Mountain Biker, Wohnmobilfahrer, Jung und Alt zusammen schliessen und es sich von der Politik erklären zu lassen. Statt zu denken wir können es lösen- in dem wir Anderen ein Fehlverhalten aufzeigen möchten. Denn dieser Eindruck entsteht und ist auch an denen vorbei gedacht, die überhaupt nicht im Schwarzwald unterwegs sein können- weil sie sparen müssen.

  3. ……spätestens dann, wenn sich der Irrsinn batterieelektrischer Mobilität dem Ziel unserer Politiker weiter genähert haben wird, wird der gleiche Staat der dieses Treiben bis dato mit grosszügigen Kauf-Subventionen fördert, nicht drum herum kommen, sein Geld zu holen. Die mehrheitlich per Kohle und -Gasverstromung entstehende elektrische Energie wird er künftig nur noch sehr teuer anbieten können, womit die Rechnung für den Elektroautomobilisten nicht mehr aufgehen wird. Bis dahin scheint sich diese Klientel aber nicht dafür zu interessieren, dass die für den Bau der schweren Akkus notwendigen
    „Seltenen Erden“ von den Ärmsten der Armen geschürft und im vorgereinigten Zustand zu uns kommen. Ist das Verantwortung, Vernunft und ökologische Nachhaltigkeit?

  4. Lars Fischer sagt

    Stimme voll zu. Unfassbar, dass es immer noch so viele Mantafahrer gibt. Wobei die elektrisch verstärkten Möchtegern-Sportler mit ihren Fahrrädern nicht besser sind. Auf jedem noch so kleinen Waldweg sind Reifenspuren sichtbar, wodurch die Wege nachhaltig beschädigt und Fußgänger mutwillig gefährdet werden.

  5. Birgit sagt

    Hallo Justus,
    ich bin diesen Sommer über fünf Alpenpässe geradelt, zwei davon waren für diesen einen Tag für den Auto/ Motorradverkehr geschlossenen. Ich pedaliere mit Ebike, auf kleinster Unterstützung habe ich die Höhenmeter geschafft. Das Erlebnis der imposanten Bergspitzen war ergreifend, ich schaute viele Stunden auf zu ihnen beim Treten. Bei den Auto-/ Motoradgesperrten Pässen fehlte die Angst, beim „geschwinden Überholen“ touchiert zu werden. Das Bergerlebnis gestaltete sich inmitten der Wanderer und Radler deutlich entspannter. Die Schweizer nennen das SLOW UP. Ich habe keinerlei Diskussionen zwischen diesen zwei Gruppen miterlebt.

    Die restlichen 364 Tage des Jahres gehören dieselben Pässe wieder der motorisierten Welt. Warum nur EIN Tag SLOW UP????

    Ich danke dir, dass du mit der klaren aber leider realistischen Beschreibung der schönen Bergstraßen auch der leiseren Vergnügungsgruppe eine Stimme gibst!

    Ob die Spritpreise die Freude an der lauten motorisierten Geschwindigkeit schmältert, wird sich zeigen.

  6. Klaus Schön sagt

    Lieber Justus,
    wie Du weißt, wohne ich an einer Straße, die direkt vor meiner Haustüre auf den Gehrenberg führt. Und da preschen allzuoft und nahezu zu jeder Tages- und Nachtzeit die von Dir genannten A……. mit ihren auf möglichst viel Lärm getrimmten Maschienen vorbei.
    Ich stimme Deiner Diktion und Betrachtungsweise voll zu!

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