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In einem Boot mit Höcke & Co.? Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, …

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler. Würde ich schreiben. Und weiter: Vergessen Sie die offenen Briefe und pseudophilosophischen Statements der letzten Tage. Denn eine ganze Generation deutscher Oberlehrer*innen – vom philosophischen Säulenheiligen der 68er Jürgen Habermas über den altersstarrsinnig raunenden Martin Walser bis hin zur dauermaulenden Alice Schwarzer – entlarvt das grandiose Missverständnis ihrer schal gewordenen Glaubenssätze.

Verkleidet als friedliche Botschafter «moralisch verbindlicher Normen universaler Natur»,  beleidigen sie mit kaltem Zynismus alle Menschen, die ihr Leben riskieren und riskierten, die ihr Leben verloren und verlieren für den Kampf gegen Unterdrückung und Diktatoren auf der ganzen Welt. Sie tun das mit der unerträglich selbstzufriedenen Überheblichkeit, die die Voraussetzungen für die Möglichkeit eines Lebens in Frieden und Freiheit und nicht zuletzt in Wohlstand als selbstverständlich betrachtet. Sie kaschieren ihre Angst vor den Drohungen eines Erpressers mit «historischer Verantwortung» und machen sich ohne Scham gemein mit den illiberalen Höckes dieser Welt vom rechten und linken Rand unserer Gesellschaft, die den faschistischen Autokraten in Moskau unverhohlen bewundern. Und ebenso schamlos bisher verhöhnte Überzeugungen mißbrauchen.

Ich könnte auch schreiben: Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, die intellektuelle Unredlichkeit dieser verlogenen, moralischen Selbstüberhöhung – und damit das oben angesprochene grandiose Missverständnis – zeigt eine ganz einfache Überlegung. Im Russland des Wladimir Putin führte die hier praktizierte freie Meinungsäußerung direkt in den Gulag. Weil Faschismus keinen Dialog duldet. Die ethische Unmöglichkeit der verqueren Friedenslogik mit Hinweisen auf «globale Gesundheit und Klimawandel» wiederum offenbaren die Leichen von Butscha und die verbrecherischen Massaker von Mariupol.

Aber es macht keinen Sinn dem Herrn Bundeskanzler einen Brief zu schreiben. Weil er der geistige und politische Gefangene seiner eigenen Partei ist, die sich (bis jetzt) standhaft weigert, das Netzwerk offen zu legen, von dem sie offensichtlich über Jahrzehnte finanziell und ideell profitiert hat. Der Brief wäre so sinnlos wie der Versuch, die Absurdität zu verstehen, dass «Linke» nach wie vor Sympathien und Verständnis für einen Autokraten haben, dessen Regime Andersdenkende gnadenlos verfolgt, und das die hässlichste Form des Raubtierkapitalismus erschaffen hat, nämlich die Kleptokratie der Oligarchen. 

So wollen der Herr Bundeskanzler und die Paten der SPD, sekundiert von mit Russland eng verflochtenen Industriemanagern nicht begreifen, dass es bei diesem Krieg um die Entscheidung geht, ob Autoritarismus und Despotie die Zukunft dieses Kontinents bestimmen, oder die Hoffnung der Menschen auf politische und persönliche Freiheit in liberalen Demokratien.

«Unité, indivisibilité de la République; liberté égalité ou la mort!» Das ideelle Fundament unseres europäischen Lebensmodells, dem Putin den Krieg erklärt hat, war keine Friedensbotschaft, sondern ist entstanden aus der Erfahrung, dass die Verheißungen der Aufklärung nicht im Kompromiss mit Despoten zu gewinnen sind. Eine historisch vielfach wiederholte Erfahrung, welche die vermeintlich intellektuellen Gesundbeter der russischen Aggression nonchalant negieren.

Deshalb also schreibe ich diesen Brief nicht, sondern unterstütze jene, die nicht wollen, dass die Ukraine das erste Opfer einer zertrümmerten europäischen Friedensordnung wird. Wer das auch möchte, lade ich ein, hier zu unterschreiben.

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