Alle Artikel mit dem Schlagwort: Glück

Kreativität – oder einfach glücklich sein.

Gabriele Hauger, Kulturredakteurin der Oberbadischen Zeitung hat mit mir ein Interview geführt. Mit sensiblen Fragen , die nicht nur an der Oberfläche kratzen. Und für Fragen, die herausforderten, das eigene Schaffen zu hinterfragen. Etwas später ist in der Badischen Zeitung eine Rezension von Roswitha Frey erschienen. Das Interview findet Ihr im Folgenden.

Entscheidung. Oder nicht.

«Feuer?» Der Fremde beugte sich – in der Rechten einen Zigarillo – in selbstverständlich freundschaftlicher Vertraulichkeit zu ihm. Yves mochte weder das Eine noch das Andere. Raucher waren nämlich aus seiner Sicht nicht automatisch Freunde, weil sie dieselbe Sucht teilten. Und seit Corona war Vertraulichkeit unter Fremden sowieso äusserst deplatziert. So musterte Yves sein Gegenüber mit kühler Distanziertheit. Wer Yves kannte wußte, dass die unmerklich nach oben gezogenen Brauen und das leicht überlegen wirkende und nur angedeutete Lächeln blitzschnell in kalten Zynismus umschlagen konnten. Der Fremde wirkte eigentlich nicht unsympathisch. Mittelgross, sportlich, aber eher schmächtig, blondes, leicht gewelltes, nach hinten gegeeltes Haar, auf den Körper geschnittener Massanzug, feine hellbraune Lederschuhe. Durchnitts-Typ. Gehobenes Management. Einzig die strahlend blauen Augen waren auffällig. Er hätte schwören können, der Typ wäre Amerikaner. Aber er sprach offensichtlich deutsch. Woher wußte der Fremde, dass Yves Deutscher war?

Schneeglück.

Stille breitet sich aus. Im Westen färbt sich der Himmel tieforange in der untergehenden Sonne. Nach Osten hin, wo der Blick weit ins Tal reicht, glänzen die Schneeflanken im goldenen Licht unter einem pinkfarbenen Abendhimmel.Die kalte Luft wird zunehmend eisiger. Unter den Schuhen knarzt der Schnee. Ein phantastischer Tag mit Freunden und ausgelassener Fröhlichkeit neigt sich dem Ende zu. Müde, aber glücklich genießen wir diese Stunde des verklingenden Wintertages. Lauschen den fernen Stimmen der letzten heimkehrenden Wintersportler, die jetzt abgelöst werden vom Rauschen des aufkommenden Abendwindes. Lassen Geist und Seele freien Lauf, träumen. Jetzt ist sie wirklich erhaben – in diesem blaugoldenen Licht, kalt glitzernd in ätherischem Schein. Die einzigartige Natur. Jetzt ist sie zu spüren, die Faszination des weissen Glücks. Von der wir träumen. Drunten im Tal. Wo uns manchmal der Blick fürs Wesentliche verschwimmt. Seltene Momente des fühlenden Erkennens, das Wirkliche unserer Sehnsucht nach dem Eins sein. Mit uns selbst, mit der wertvollen Natur, mit dem «Überbleibsel Gottes» (Dan Shambicco). Die letzten goldenen Strahlen am Horizont verglimmen, eisige Bläue kündet von der heranziehenden …

Der schönste Tag – oder als Peter Steiner verschwand.

Der Tag versprach schön zu werden. Einer jener ersten lauen Frühlingstage wie sie die Westwinde durch die burgundische Pforte früher als anderswo ans Rheinknie blasen. Peter Steiner war zeitig dran, und so ließ er sich Zeit bei seinem Umweg ins Büro. Mit dem Fahrrad gondelte er gemütlich über die Markgräflerstraße hinab an den unteren Rheinweg, an den hässlichen Druckbehältern und Tanks der «Chemischen» vorbei – wie die Basler ihre großen Pharmaunternehmen nennen. Von der Dreirosenbrücke ging es dann Richtung City. Peter Steiner genoß diese kleine Rundfahrt am Morgen, wenn er vom Rheinufer kommend an der mittleren Rheinbrücke stadteinwärts einbog. Zu dieser Zeit lärmte die Stadt noch nicht im grellen Geräusch und ohne Hast stiegen die Menschen an den Straßenbahnhaltestellen ein und aus. Ja, Basel, das sich tagsüber in fast weltläufiger Hektik von seiner unfreundlichen Seite zeigte – um diese Zeit strahlten Straßen und Plätze eine heitere Gelassenheit aus. Und die Stadt, sie tönte anders. Das Gebimmel der Tram war deutlich zu hören und aus den zum Lüften geöffneten Fenstern der Stadthäuser manchmal das morgendliche Toilettenrauschen …

Hans im Glück.

Was sollte das jetzt werden? Der Alte mit den strähnigen Haaren und abgeranzten Klamotten aus dem Haus schräg gegenüber, der aussah wie ein Wanderprediger, begann auf seinem kleinen Balkon etwas aufzubauen. Roberto saß, seine AirPods im Ohr, mehr ärgerlich als entspannt vor seinem Bier auf seinem eigenen Balkon, von dem er über den großen Innenhof – und eben auch direkt auf den ein paar wenige Meter entfernten und ein Stockwerk tiefer liegenden Balkon des Alten blicken konnte. Die Häuserblocks standen acht Stockwerke hoch in einem Quadrat angeordnet. Deutsche Standard-Architektur, alles in grau und weiß gestrichen. Diese Art von Wohnsiedlungen sahen inzwischen von Freiburg bis nach Flensburg alle gleich aus. Die kapitalistische Übersetzung des Plattenbaus. Der März war ungewöhnlich warm in diesem Jahr, die Abendsonne verwöhnte die Häuser mit den nach Westen ausgerichteten Balkonen mit einem milden Finale des Tages.